Viele verschiedene Faktoren bestimmen das Altwerden und Altsein. Die soziale Gruppe «Ältere Menschen» setzt sich höchst heterogen zusammen – das Alter gibt es nicht.
Der Wunsch aus Wirtschaftskreisen nach Erhöhung des Rentenalters ist verständlich. Es stellt sich jedoch die Frage, ob dieser Lösungsansatz das Problem des Fachkräftemangels befriedigend löst. Denn gerade gut ausgebildete Fachpersonen können auf ein ausreichendes Sparguthaben zurückgreifen und sich allenfalls eine Frühpensionierung leisten. Weit über 30 % der älteren Erwerbstätigen gehen in Frühpension – wer kann, kehrt der Wirtschaft den Rücken. Verschiedene Gründe führen dazu: Noch immer wird das gesellschaftliche Zusammenleben und das Zusammenarbeiten von einer negativen Alterskultur geprägt. Ältere seien weniger leistungs- und lernfähig, weniger motiviert und widerspenstig. Die logische Folge davon ist Demotivation. Auch nicht erkannte Generationenkonflikte oder ungeeignete Rahmenbedingungen zur Weiterarbeit binden Ressourcen und schmälern die Leistungsbereitschaft.
Älterwerden im Betrieb – das ist zu beachten:
- Vorurteile und negative Altersbilder beeinträchtigen die Leistungsfähigkeit
- Personalstruktur kennen und gezielte Massnahmen ableiten
- Sensibilisierung der Führungspersonen und Mitarbeitenden
- Geeignete Rahmenbedingungen schaffen
- Gesundheitsschutz proaktiv wahrnehmen
- Weiterbildungskultur pflegen, fördern und fordern
- Neue Arbeitsmodelle für den Rentenübergang entwickeln
Vorurteile spielen eine bedeutende Rolle beim Führen von Jung und Alt. Die Leistungseinbussen im Alter sind bei Weitem nicht so gross, wie oftmals angenommen. Dennoch halten sich Altersstereotypen hartnäckig. Diese fliessen meistens unbewusst ins Denken ein und prägen so die Entscheidungen und Handlungen. Die Folgen sind weitreichend: Fühlbar auf der Interaktionsebene, sichtbar in betrieblichen Prozessen und erkennbar z. B. in rechtlichen Rahmenbedingungen. Eine negative Alterskultur in Unternehmen und Organisationen führt zu gravierenden Fehleinschätzungen und nicht zuletzt bleibt vorhandenes Potenzial ungenutzt. Damit Unternehmen und Organisationen gut gerüstet sind, sollten Führungsverantwortliche sich mit Themen des betrieblichen Älterwerdens, aber auch mit der Generationsthematik auseinandersetzen.
Die Pflege steht vor sogenannten «Megatrends», die die Branche stark verändern wird. Dazu zählen der demografische Wandel, die Zunahmen der chronischen Erkrankungen, die zunehmende Komplexität der Pflege und die Digitalisierung. Auch die Pflegeheime sind davon betroffen. Der Fachkräftemangel ist für viele Institutionen schon länger enorm spürbar. Heute treten Bewohnerinnen und Bewohner erst hochbetagt, eher kurzfristig und mit komplexen Erkrankungen in ein Pflegeheim ein. Themen wie spezialisierte Demenzpflege, Leistungen der Palliative Care, aber auch die technische Pflege rücken in den Vordergrund. Die Pandemiesituation hat gezeigt, wie wichtig geeignete Strukturen und genügend Ressourcen in Krisensituationen sind. Die Transformation der Pflegebranche – sei es in der Entwicklung neuer Pflege- und Betreuungsmodelle oder digitaler Assistenzsysteme – ist ein wichtiger in die Zukunft. Nicht zuletzt stammen viele Pflegebauten aus den 60er und 70er-Jahren und entsprechen nicht mehr dem heutigen Bedarf. Mit der demografischen Entwicklung erhöht sich der Druck in der Gesundheitsversorgung. Die Offenheit für Lösungen «out-of-the-box» und das über den Tellerrand hinausdenken können, ermöglicht das Ausschöpfen des gesamten Potenzials.
Mit interprofessioneller Zusammenarbeit ist die Zusammenarbeit von mehreren Personen mit unterschiedlicher, fachlicher Herkunft gemeint. Allerdings ist sich die Fachwelt nicht ganz einig, was genau unter Zusammenarbeit zu verstehen ist. Die interprofessionelle Zusammenarbeit gewinnt dort an Bedeutung, wo das Fachwissen einer einzelnen Fachperson nur einen Teil der komplexen Bedürfnisse abdecken kann. In Untersuchungen[1] wurde herausgefunden, dass es drei Muster der interprofessionellen Zusammenarbeit gibt.
- Die Zusammenarbeit ist durch klar definierte, eher hierarchisch geprägte und institutionalisierte Handlungsstrukturen organisiert. Diese Form der Zusammenarbeit (z.B. in einer Reanimation) erfolgt bei plötzlichen, unvorhersehbaren Krisen, in denen unter starker Zeitknappheit schnell gehandelt werden muss. Die Prozessabläufe sind klar definiert. Die einzelnen Handlungsmuster werden antrainiert, damit in Krisensituation schnell reagiert werden kann.
- Damit innerhalb einer Institution die Behandlungsprozesse funktionieren, ist eine gute Zusammenarbeit der verschiedenen Abteilungen und Verantwortlichkeiten erforderlich. Die Zusammenarbeit ist weniger durch krisenhafte, bedrohliche Situationen geprägt. Was ist damit gemeint? Muss insbesondere eine Person ins Spital, muss der gesamte Behandlungsprozess vom Ein- bis zum Austritt optimal auf die Situation und Bedürfnisse organisiert werden. Der gesamte Behandlungsprozess besteht aus einer Vielzahl von Schnittstellen: Fachärzte, Pflegepersonal, Küche, Reinigung, Administration, Seelsorge usw. Das alles muss zusammen mit der Patientin, dem Patienten und den am Behandlungsprozess beteiligten Personen geklärt werden.
- Die dritte Form beschreibt eine individualisierte und netzwerkartige Zusammenarbeit. Das Problem ist komplex – verschiedene Personen sind in einer Form involviert und es muss eine gemeinsame Lösung erarbeitet werden. Gerade in ambulanten, palliativen Settings sind die Fachpersonen oftmals aus verschiedenen Organisationen gefordert, zeitlich, punktuell und situativ zusammenzuarbeiten. Aber auch in Strategieprozessen der öffentlichen Hand oder von Trägerschaften ist diese Art der Zusammenarbeit zentral. So ist etwa der «Runde Tisch» ein agiles, zeitlich befristetes Netzwerk, in dem unterschiedliche Fachpersonen ihren eigenen Organisationshintergrund in das Team einbringen.
[1] Atzeni, Gina; Schmitz, Christof & Berchtold Peter (2017). Die Praxis gelingender interprofessioneller Zusammenarbeit. Swiss Academies Reports 12
Es ist immer gut, andere Ideen anzuschauen und neue Vorgehensweisen zu prüfen. Man muss das Rad nicht grundlegend neu erfinden. Ein Altersleitbild orientiert, motiviert und zeigt die zukünftige Stossrichtung auf. Jeder Kanton, jede Gemeinde und jede Region haben ihre Bedürfnisse und Eigenheiten. Während die eine Massnahme an einem Ort besonders gut funktioniert, hat diese anderorts keine Chance. Ein Leitbild wird dann ein Erfolg, wenn sie von den Akteuren mitgetragen wird. Deshalb ist es sinnvoll, möglichst viele Vertreterinnen und Vertreter durch Partizipation und mit unterschiedlichen Methoden zu beteiligen. Die Entwicklung eines Altersleitbildes oder eines Alterskonzepts bedeutet, dass Akteure und Betroffene sich aktiv mit Altersthemen auseinandersetzen und massgeschneiderte Lösungswege erarbeiten. Das Vorgehen kann man unterschiedlich gestalten. Das folgende Entwicklungsmodell veranschaulicht ein mögliches Vorgehen und die wichtigsten Entwicklungsschritte in der Erarbeitung eines Altersleitbildes.