Foto von einem jüngeren und einem älteren Mann bei der Arbeit

Alterssensitive Führung im Kontext des Fachkräftemangels: Strategien für eine zukunftsfähige Personalentwicklung

Die demografische Entwicklung stellt eine wachsende Herausforderung für Unternehmen in der Schweiz dar. In den kommenden zehn Jahren werden über eine Million gut ausgebildete Baby-Boomer das Pensionsalter erreichen. Dies ist jedoch nur eine Facette des Problems: Die seit Jahren niedrige Geburtenrate verschärft die Situation zusätzlich. Es verlassen mehr Mitarbeitende den Arbeitsmarkt, als junge Talente nachrücken können, was zu einem erheblichen Anstieg des Fachkräftemangels in verschiedenen Wirtschaftssektoren führen wird.

Um den Fachkräftemangel erfolgreich zu bewältigen, ist eine effektive alterssensitive Führung und zielführendes Generationenmanagement entscheidend. Durch gezielte Massnahmen zur Förderung der Produktivität und Motivation der älteren Belegschaft können Unternehmen die Herausforderungen des demografischen Wandels meistern und sich langfristig im Wettbewerb behaupten.

Positives Altersklima vs. Altersstereotypen und fehlendes Generationenmanagement

Aktuell werden verschiedene Lösungsansätze zur Bekämpfung des Fachkräftemangels diskutiert, darunter die Erhöhung des Rentenalters. Gleichzeitig zeigt sich jedoch, dass viele gut qualifizierte Fachkräfte freiwillig vor Erreichen des Rentenalters aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden. Laut Zahlen des Bundesamts für Statistik geben über 25 % der über 50-Jährigen ihre Erwerbstätigkeit bereits zwei Jahre und 35 % ein Jahr vorzeitig auf.

Diese Situation wird durch die Tatsache verstärkt, dass Unternehmen oft zögerlich sind, ältere Arbeitskräfte neu einzustellen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Ältere Mitarbeitende gelten häufig als zu teuer, unflexibel und wenig lernbereit. Zudem wird ihr Bildungsstand oft als veraltet angesehen.

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, ist es wichtig, diese Vorurteile abzubauen und die Potenziale älterer Arbeitskräfte besser zu nutzen. Eine gezielte Sensibilisierung und Schulung kann dazu beitragen, den wertvollen Erfahrungshorizont dieser Mitarbeitenden für Unternehmen zu erschliessen.

Was läuft hier falsch?

Obwohl alterslimitierende Jobanzeigen weitgehend verschwunden sind und die Erfahrung älterer Mitarbeitender positiv hervorgehoben wird, zeigen vertiefte Analysen, dass etwa 60 % der Beschäftigten negative Vorurteile gegenüber älteren Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz wahrnehmen.

Das Eisbergmodell verdeutlicht, dass die menschliche Kommunikation aus einer sichtbaren Sachebene und einer unsichtbaren Beziehungsebene besteht. Nur ein kleiner Teil der Kommunikation ist sichtbar und bewusst, während der grössere Teil – einschliesslich Stimmungen, Gefühle, Werte, Emotionen und Einstellungen – unsichtbar bleibt. Diese unbewussten Aspekte beeinflussen die Zusammenarbeit erheblich.

Eine negative Alterskultur führt oft dazu, dass vorhandene Fähigkeiten sowohl von den älteren Mitarbeitenden selbst als auch von Führungspersonen unterschätzt oder nicht erkannt werden. Dies kann zu Demotivation führen: «Zu alt für einen Jobwechsel – zu jung für eine Frühpension.» Motivation ist entscheidend für die Bereitschaft, bis ins Pensionsalter und darüber hinaus erwerbstätig zu bleiben.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, ist das Management gefordert, negative Muster frühzeitig zu erkennen und eine alterssensitive Kultur im Unternehmen zu etablieren. Durch gezielte Massnahmen zur Förderung einer positiven Alterswahrnehmung kann die Wertschätzung älterer Mitarbeitenden gestärkt und der Fachkräftemangel erfolgreich angegangen werden.

Fazit: Ein positives Altersklima steigert den Unternehmenserfolg

Ein negatives Altersklima kann sich als selbsterfüllende Prophezeiung negativ auf die Produktivität älterer Beschäftigten im Unternehmen auswirken. Im Gegensatz dazu führt ein positives Altersklima in der Regel zu einer höheren Leistungsbereitschaft und -fähigkeit älterer Mitarbeitenden, was letztendlich den Erfolg des gesamten Unternehmens fördert.

Eine ganzheitliche und unterstützende Unternehmenskultur ist entscheidend für ein positives Arbeitsklima, insbesondere im Umgang mit älteren Mitarbeitenden. Durch die bewusste Auseinandersetzung mit Altersbildern im Unternehmen kann eine altersfreundliche Arbeitsumgebung geschaffen werden. Hier sind einige praktische Empfehlungen:

  • Altersbilder korrigieren

Ersetzen Sie das defizitäre Bild des Alters durch ein realistisches, wissenschaftlich fundiertes Altersbild, um eine differenzierte Wahrnehmung gegenüber älteren Mitarbeitenden zu fördern.

  • Arbeitsfähigkeit fördern

Sorgen Sie dafür, dass die Arbeitsfähigkeit in jeder Lebensphase erhalten, gefördert und verbessert wird.

  • Arbeitsumgebung optimieren

Gestalten Sie die Arbeitsbedingungen mitarbeiterorientiert, um die Arbeitsfähigkeit und Motivation zu erhalten.

  • Lebenslanges Lernen fördern

Implementieren Sie Massnahmen für lebenslanges Lernen, um Mitarbeitenden zu helfen, sich kontinuierlich an neue Herausforderungen anzupassen und beruflich zu wachsen. Gestalten Sie das Lernen im Job systematisch.

  • Gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen schaffen

Entwickeln Sie eine unterstützende und sichere Arbeitsumgebung, die das Wohlbefinden der Mitarbeitenden steigert und ihre langfristige Leistungsfähigkeit stärkt.

  • Führungskräfte schulen und sensibilisieren

Der Abbau von Altersstereotypen beginnt im Kopf. Schulungen und Sensibilisierungsmassnahmen für Führungskräfte sind entscheidend, um die Bedeutung von Handlungsspielräumen zu vermitteln.

Individualisierte Personalstrategien für Produktivität und Motivation

Eine differenzierte Wahrnehmung und individualisierte Personalstrategien sind für ältere wie auch jüngere Mitarbeitende von grosser Bedeutung. Indem Unternehmen diese Ansätze umsetzen, können sie ein positives Altersklima schaffen, das die Produktivität und Motivation aller Mitarbeitenden steigert. Besonders im Kontext des zunehmenden Fachkräftemangels ist es entscheidend, den Erfahrungshorizont älteren Mitarbeitenden wertzuschätzen und ihre Bedürfnisse gezielt in die Personalentwicklung zu integrieren.

Unternehmen, die auf die unterschiedlichen Lebensphasen und Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden eingehen, fördern nicht nur das Wohlbefinden, sondern stärken auch das Engagement und die Bindung ans Unternehmen. So können individuelle Karrierewege, flexible Arbeitszeiten oder gezielte Weiterbildungsangebote für ältere Mitarbeitende zur Norm werden, um deren Potenziale voll auszuschöpfen.

Darüber hinaus sorgt eine wertschätzende Haltung gegenüber älteren Mitarbeitenden dafür, dass sie als Mentoren und Wissensvermittler innerhalb des Teams agieren können. Dies fördert nicht nur den Wissensaustausch, sondern auch ein nachhaltiges Arbeitsumfeld, in dem alle Altersgruppen voneinander lernen und gemeinsam erfolgreich sind. Eine solch inklusiv ausgerichtete Personalstrategie trägt entscheidend zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens bei.

Der Fachkräftemangel betrifft zunehmend auch die Soziale Arbeit. In meiner Abschlussarbeit im MAS Management im Sozial- und Gesundheitsbereich weise ich nach, dass ältere Mitarbeitende bereit sind, länger im Berufsleben zu bleiben. Doch trotz dieses Potenzials bleibt die Frage offen, warum es häufig nicht genutzt wird. Mehr zum Thema Fachkräftemangel und die Frage, ob ältere Mitarbeitende die Lösung sein können, finden Sie im gemeinsamen Beitrag «Fachkräftemangel: Sind ältere Mitarbeitende die Lösung?» von Prof. Dr. Marc Zimmermann und mir an der Hochschule Luzern.

Lassen Sie uns gemeinsam erkunden, welche Chancen und Herausforderungen sich hier bieten und wie die Integration älterer Mitarbeitender die Situation im Fachkräftemangel verbessern könnte.